Sonntag, 15. Januar 2012

#2: So realistisch

Ich laufe eine Straße entlang. Sie ist voller Neubauten. Alles hell und perfekt. Ich könnte kotzen.
Ich bleibe stehen. Ich sehe mich um. Es ist Nacht. Sternenklar. Dennoch ist die Straße hell erleuchtet. Von Starßenlaternen und dem reflektierten Licht des Mondes in den hellen Fassaden der Häuser.
Ich sehe an mir runter. Hochgeschlossene, schwarze Shorts. Und ein weißes, over-sized Jack-Daniel's -Top, das ist so in der Hose habe, das es um meine Taille weiter ist. Dazu schwere, schwarze Boots. Ich hasse den Anblick meines Körpers. Ich schaue wieder nach oben. Ich beginne zu lächeln, als ich entdecke was ich suche. Die Bauruine mit den schon fertigen weiß geschrichenen Garagen. Wieso sind die Garagen schon fertig? Es soll mir egal sein, denn ich stelle mich unmittelbar vor das Tor in der Mitte und sehe mich ein letztes Mal um. Keiner da. Die Ach-so-perfekten Familien schlafen alle tief. Gut so. denke ich. Ich greife in meine Tasche die ich die ganze Zeit mit mir rumtrage. Ich nehme mein Handy raus. Mache es an und suche nach dem Sprachmemo was ich auf dem Weg hierhin vobereitet habe. Ich mache es an und lasse es auf Endlosschleife laufen. Ich lege es neben meinen linken Schuh auf den Fußboden und greife ein zweites Mal in die Tasche. Eine Sprühdose mit blutroter Farbe. Ich schüttele sie und bete, dass es keiner hört. Ich ziehe den Deckel ab. Der Ton wird von den Wänden zurückgeworfen. Ich zucke zusammen. Seit wann bist du so schreckhaft? Mach jetzt! Du hast nicht mehr viel Zeit! Ich fange an zu sprühen. Die ersten paar Buchstaben meiner hässlichen Handschrift pranken groß und blutrot auf dem vor ein paar Sekunden noch makellosen weißen Garagentor. Danke für Nichts! steht da. Ich gehe einen Schritt zurück und begutachte mein Kunstwerk. Fertig. Ich gehe vor das rechte Garagentor und drehe mich um. Ich sehe die ganzen dunkelen Fenster in denen jetzt glückliche Familien liegen. Mir steigen die Tränen in die Augen. Sie brennen wie Feuer. Jetzt reiß' dich zusammen! Ein letztes Mal greife ich in die Tasche. Ich hole den Revolver raus und lass die Tasche fallen. Ein letztes Mal prüfe ich ob ich alles gemacht habe. Den gesprochenen Abschiedsbrief auf dem Handy, dass auf Endlosschleiße steht. Check. Das Statement an die Welt auf dem Garagentor. Check. Das war alles was ich in den letzten Stunden gemacht habe. Alles geplant. Gut, es ist soweit. Ein letztes Mal atme ich durch und schließe die Augen. "Es tut mir leid." flüstere ich in die Nacht hinein. Dann hebe ich den Revolver an meine linke Schläfe. Atme noch mal und drücke ab...
Schweißgebadet und zitternd wache ich auf. Ein Traum. Alles ein Traum. Aber so realistisch hatte ich noch nie geträumt...

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